Nachfolge im Familienunternehmen: „Das Problem des Loslassens“

Seit über 25 Jahren ist Klaus Nuscheler inzwischen Geschäftsführer und Inhaber der Firma TransPack-Krumbach GmbH. Seit 2016 teilt er sich diesen Posten mit seinem Sohn Leopold Nuscheler. Nach knapp zwei Jahren können Vater und Sohn nun ein erstes Resümee ziehen und sprechen im gemeinsamen Interview über die Chancen, Möglichkeiten und Herausforderungen, die eine gemeinsame Geschäftsleitung mit sich bringt.

War die gemeinsame Geschäftsführung schon immer geplant oder musste Überzeugungsarbeit geleistet werden – in beide Richtungen?

Leopold Nuscheler: Der Gedanke, mit ins Familiengeschäft einzusteigen, war natürlich schon immer da. Trotzdem habe ich mich zunächst für eine Ausbildung zum Bankkaufmann entschieden. Den Entschluss bei TransPack-Krumbach einzusteigen habe ich danach ganz für mich allein gefasst.

Klaus Nuscheler: Es war immer ein Grundsatz von mir, dass ich meine Familie nie dazu überreden werde, im Unternehmen mitzuarbeiten. So etwas muss aus freiem Willen heraus geschehen, denn eine Zwangsaufgabe kann man nicht gut und vor allem nicht dauerhaft machen. Ich hätte mit einer Entscheidung gegen TransPack-Krumbach kein Problem gehabt. Man hätte schlichtweg eine andere Lösung finden müssen und hätte mit Sicherheit auch eine gefunden.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die familiäre Nachfolge im Unternehmen zu gestalten. Möglichkeit 1, der radikale Schnitt: Der Senior verlässt das Unternehmen. Der Junior übernimmt die Geschäftsführung komplett. Möglichkeit 2, der Junior steigt als Angestellter ins Unternehmen ein und erklimmt Schritt für Schritt die Karriereleiter bis hin zur Geschäftsleitung. Oder wie in Ihrem Fall Möglichkeit 3, Junior und Senior teilen sich zeitweise die Geschäftsleitung.

Warum haben Sie sich für diese Variante entschieden?

Klaus Nuscheler: Weil es in meinen Augen die sinnvollste Lösung ist. Wenn jemand vom Angestelltenverhältnis irgendwann den Status wechselt auf Chef, ist das für beide Seiten – die Person selbst und auch für die Mitarbeiter – nicht gut. Man entwickelt als Mitarbeiter eine Beziehung zu den Kollegen, die als Vorgesetzter dann unter Umständen zu Unstimmigkeiten führen kann. Letztlich kommt es aber immer darauf an, wie gut jemand eingearbeitet wird. Die Ausbildung kann natürlich sowohl als „Chef“ als auch als Angestellter gemacht werden.

Wie haben die Mitarbeiter auf die Änderungen innerhalb der Geschäftsführung reagiert?

Leopold Nuscheler: Es war natürlich vor allem ein positives Signal. Wir konnten unseren Mitarbeitern so zeigen, dass wir einen langfristigen Plan für die Firma haben, und dass wir auch für die Zukunft aufgestellt sind.

Sie wurden also gleich als neuer Chef respektiert?

Leopold Nuscheler: Was heißt Respekt. Ich glaube Respekt kann man sich erarbeiten. Dabei ist es wichtig, den Mitarbeitern zu zeigen, dass man ein offenes Ohr hat und für sie da ist. Ich hatte nie das Gefühl, dass mich irgendjemand respektlos behandeln würde. Letztlich sollten sich in einer Firma alle untereinander mit Respekt behandeln.

Wie sieht das Resümee nach den 2 Jahren gemeinsamer Geschäftsführung aus? Gab oder gibt es öfter Unstimmigkeiten?

Klaus Nuscheler: Natürlich gibt es unterschiedliche Meinungen. Aber das ist gut, wichtig und richtig so. Denn konstruktive Diskussionen führen zu den besten Ergebnissen.

Sind das dann Diskussionen zwischen Vater und Sohn oder zwischen zwei Geschäftsführern?

Leopold Nuscheler: Wir diskutieren immer auf einer geschäftlichen und absolut gleichberechtigten Ebene. Mein Vater würde nie erwarten, dass ich seine Meinung akzeptiere aber nicht teile, nur weil er mein Vater ist. Natürlich muss hin und wieder einer von uns nachgeben, aber nur aus der Überzeugung heraus, dass das andere Argument schlicht das bessere ist.

Wird zuhause weiterdiskutiert oder schaffen Sie es, Beruf und Ihre Freizeit mit der Familie zu trennen?

Leopold Nuscheler: Natürlich ist es so, dass die Firma bei uns in der Familie einen sehr hohen Stellenwert hat, zumal ja auch meine Mutter und Schwester bei TransPack-Krumbach arbeiten. Und es ist in der Tat nicht so, dass man zuhause nie über die Firma spricht. Aber das ist für uns alle denke ich okay.

Wie unterscheidet sich Ihr Führungsstil in Bezug auf den Generationsunterschied?

Leopold Nuscheler: Ich würde meinen Vater auf jeden Fall als junggeblieben bezeichnen, daher ist es auch nicht so, dass ich komplett andere Ansichten habe als er. Keiner von uns beiden sagt, wir müssen immer alles so belassen wie es war. Und keiner sagt wir müssen alles ändern.

Ist die gemeinsame Geschäftsführung insbesondere als Senior entlastend oder vor allem zu Beginn, in der Einarbeitungsphase sogar belastend?

Klaus Nuscheler: Zunächst einmal stand und stehe ich vor einem ganz anderen Problem: Das Problem des Loslassens, denn ich arbeite noch leidenschaftlich gerne und es fällt oft nicht leicht Aufgabenbereiche einfach zu übergeben. Als belastend in Bezug auf die Mehrarbeit, die so eine Einarbeitung mit sich bringt finde ich die Situation allerdings nicht. Die Geschäftsübergabe ist ein langer Prozess, auch noch weit in die Zukunft. Aber wir haben ja auch die Zeit dazu.

Das bedeutet, Sie bleiben noch länger im Geschäft?

Klaus Nuscheler: Ich habe vor circa 3 Jahren das Versprechen gegeben, dass ich noch 10 Jahre dabeibleibe. Vielleicht auch nicht mehr ganz so lange. Mindestens aber so lange, wie ich hier gebraucht werde. Auf der anderen Seite möchte ich aber auch, dass man mir sagt, wenn ich blockiere, oder wenn ich ein Hemmschuh werde oder bin. Oft merkt man das selber nicht mehr, oder man will es nicht merken.

Was sind für Projekte geplant, die sich besser zu zweit realisieren lassen als alleine?

Klaus Nuscheler: Das sind vor allem zwei große Projekte: unser Neubau und eine neue EDV. Diese Projekte und das Tagesgeschäft zu betreuen und zu koordinieren würde eine einzelne Person nicht schaffen. Ich kümmere mich deshalb weiterhin hauptsächlich um das Tagesgeschäft und ziehe mich bei den neuen Projekten mehr zurück und überlasse das meinem Sohn. Schließlich ist meine Zeit in beiden Projekten befristet. Und das ist okay so.

Leopold Nuscheler: Ich freue mich auf die Herausforderung. Und es ist schön, meinen Vater immer unterstützend an meiner Seite zu wissen. Wir sind und bleiben ein gutes Team.